Verordnung über die Fischerei in Binnengewässern (Binnenfischereiordnung)

vom 6. Juli 1989

Auf Grund des § 44 Abs. 3, der §§ 47 und 53 Abs. 1 Nrn. 1 bis 9, 11, 12 und Abs. 3 des Niedersächsischen Fischereigesetzes (Nds. FischG) vom 1. Februar 1978 (Nieders. GVBl. S. 81), geändert durch Artikel 28 des Gesetzes zur Bereinigung des niedersächsischen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts vom 5. Dezember 1983 (Nieders. GVBl. S. 281), wird verordnet

Erster Abschnitt

Geltungsbereich
§ 1

Diese Verordnung gilt für den Fang von Fischen und Krebsen und den Schutz der natürlichen Lebensgemeinschaften in Binnengewässern.Für künstliche Anlagen zur Fischzucht oder Fischhaltung, die gegen den Fischwechsel abgesperrt sind, gelten nur die §§ 10 und 11.

Zweiter Abschnitt

 

Artenschutz, Mindestmaße, Schonzeiten
§ 2

(1) Es ist verboten, Fische folgender Arten zu fangen:
Bachneunauge (Lampetra planeri)
Bachschmerle (Noemacheilus barbatulus)
Bitterling (Rhodeus sericeus amarus)
Elritze (Phoxinus phoxinus)
Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
Groppe (Koppe, Mühlkoppe) (Cottus gobio)
Lachs (Salmo salar)
Meerforelle (Salmo trutta)
Meerneunauge (Petromyzon marinus)
Nase (Chondrostoma nasus)
Rapfen (Aspius aspius)
Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)
Steinbeißer (Cobitis taenia
Stör (Acipenser sturio
(2) Lachse, Meerforellen, Nasen, Rapfen und Störe dürfen in Gewässern, in die sie als Besatz eingebracht worden sind, gefangen werden. Die Gewässer sind dem Fischereikundlichen Dienst anzuzeigen.

§ 3
(1) Es ist verboten, Fische und Krebse folgender Arten zu fangen, wenn sie nicht mindestens folgende Länge haben (untermaßige Fische und Krebse):
Aal (Anguilla anguilla) 35 cm
Äsche (Thymallus thymallus) 30 cm
Bachforelle (Salmo trutta f. fario) 25 cm
Barbe (Barbus barbus) 35 cm
Hecht (Esox lucius) 40 cm
Lachs (Salmo salar) 50 cm
(soweit der Fang nach § 2 Abs. 2 zulässig ist)
Meerforelle (Salmo trutta) 40 cm
(soweit der Fang nach § 2 Abs. 2 zulässig ist)
Nase (Chondrostoma nasus) 25 cm
(soweit der Fang nach § 2 Abs. 2 zulässig ist)
Quappe (Lota lota) 35 cm
Rapfen (Aspius aspius) 40 cm
(soweit der Fang nach § 2 Abs. 2 zulässig ist)
Stör (Acipenser sturio) 100 cm
Regenbogenforelle (Salmo gairdneri) 25 cm
Wels (Silurus glanis) 50 cm
Zander (Stizostedion lucioperca) 35 cm
Flusskrebs (Edelkrebs) (Astacus astacus) 11 cm
(2) In den Landkreisen Leer, Aurich, Friesland, Wittmund, Ammerland, Wesermarsch, Cuxhaven und Stade sowie den kreisfreien Städten Emden und Wilhelmshaven dürfen Aale mit einer Länge ab 28 cm gefangen werden.
(3) Die Länge ist bei Fischen von der Kopfspitze bis zum äußersten Ende der Schwanzflosse, bei Krebsen von der Kopfspitze bis zum Ende des Schwanzes (Abdomen) zu messen.

§ 4
(1) Es ist verboten, Fische und Krebse folgender Arten während der folgenden Zeiten (Artenschonzeiten) zu fangen:
Äsche vom 1. März bis 15. Mai
Bachforelle vom 15. Oktober bis 15. Februar
Hecht vom 1. Februar bis 15. April
Lachs vom 15. Oktober bis 15. März
Meerforelle vom 15. Oktober bis 15. Februar
Stör vom 1. Januar bis 31. Juli
Zander vom 15. März bis 30. April
Flusskrebs (Edelkrebs) vom 1. November bis 30. Juni
(2) In Gewässern, in denen sich eine der vorstehenden Fischarten, ausgenommen Hechte, fortpflanzt oder die sie auf ihrer Laichwanderung durchwandert, sind ständige Fischereivorrichtungen während der Artenschonzeiten abzustellen.

§ 5
(1) Werden Fische oder Krebse, deren Fang verboten ist, lebend gefangen, so hat der Fischer sie unverzüglich wieder einzusetzen; werden sie beim Fang getötet oder sind sie nicht mehr lebensfähig, so hat er sie unverzüglich unschädlich zu beseitigen.
(2) Beim Fischfang mit Netzen oder Reusen dürfen untermaßige Fische und der Schonzeit unterliegende Fische, die tot oder nicht mehr lebensfähig sind, verwertet werden, wenn sie dem Gewicht nach nicht mehr als ein Zehntel des Gesamtfangs des Tages ausmachen.
(3) Es ist verboten, Fische oder Krebse der in § 2 Abs. 1 oder § 3 Abs. 1 aufgeführten Arten als Köder zu verwenden.

§6
Der Fischereikundliche Dienst kann von den Verboten und Fangbeschränkungen der §§ 2 bis 5 Ausnahmen zulassen, wenn dies
1. für wissenschaftliche Zwecke
2. zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Gewässern oder
3. für Hegemaßnahmen, insbesondere zur Laichgewinnung oder zum Fang von Satzaalen oder von Aalbrut, erforderlich ist.

Dritter Abschnitt

Fanggeräte, Absperrvorrichtungen, Kennzeichnung
§ 7

(1) Ständige Fischereivorrichtungen müssen eine Lattenweite von mindestens 2 cm haben.
Sie müssen in fließenden Gewässern mindestens 500 m voneinander entfernt sein; § 68 Nds. FischG gilt sinngemäß.
(2) Ständige Fischereivorrichtungen dürfen nur dann mehr als den halben Querschnitt eines fließenden Gewässers versperren, wenn sie von Berufsfischern und für den Aalfang errichtet und betrieben werden.

§ 8
Bei mechanischen Vorrichtungen, die das Eindringen von Fischen in Anlagen oder Gewässer verhindern sollen, darf der Stababstand, der Lochdurchmesser oder die lichte Weite nicht mehr als 2 cm betragen. Der Fischereiberechtigte kann verlangen, dass eine engere Sperrvorrichtung oder eine Elektroscheuchanlage nach dem Stande der Technik angebracht wird, wenn das nach den Umständen für eine ausreichende Absperrung erforderlich ist.

§ 9
Fischereifahrzeuge sind außen auf beiden Seiten deutlich lesbar mit dem Vornamen, Namen und Wohnort des Fischers zu kennzeichnen. Die Gemeinde kann eine andere Kennzeichnung vorschreiben. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Fischereigeräte und Fischbehälter, sofern diese nicht in Anwesenheit des Fischers ausliegen.

Vierter Abschnitt

Elektrofischerei
§ 10

(1) In einem Binnengewässer darf ein Elektrofischereigerät nur mit Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes benutzt werden. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Elektrofischerei zur nachhaltigen Bewirtschaftung eines Gewässers oder für wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich ist und
1. der Antragsteller oder von ihm Beauftragte die erforderliche Ausbildung besitzt,
2. der Antragsteller eine ausreichende Haftpflichtversicherung (500.000,- Euro für Personalschaden, 50.000,- Euro für Sachschaden) nachweist,
3. ein Gerät benutzt werden soll, das den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
(2) Die Ausbildung ist durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang für Elektrofischerei in der Bundesrepublik Deutschland nachzuweisen. Ein nicht von einer staatlichen Stelle angebotener Lehrgang muss vom Fischereikundlichen Dienst als geeignet anerkannt sein. Der Fischereikundliche Dienst kann zulassen, dass Personen, die auf Grund ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, die Elektrofischerei ohne Nachweis eines Lehrgangs durchführen dürfen.
(3) Die Eignung des zu verwendenden Gerätes ist durch eine Bescheinigung des Technischen Überwachungsvereins, der Elektroberatung Bayern GmbH oder einer Prüfstelle des Verbandes Deutscher Elektrotechniker nachzuweisen, die nicht älter als drei Jahre sein darf.
(4) Die Genehmigung ist für ein bestimmtes Gerät und für ein bestimmtes Gewässer auszustellen und auf höchstens ein Jahr zu befristen. Sie ist bei jeder Benutzung des Gerätes mitzuführen.

§ 11
(1) Ohne Genehmigung nach § 10 Abs. 1 dürfen staatliche Stellen, Einrichtungen der Landwirtschaftskammern und der Max-Planck-Gesellschaft die Elektrofischerei für wissenschaftliche Untersuchungen betreiben. Mit der Durchführung dürfen nur Personen betraut werden, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 erfüllen oder die auf Grund ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzen.
(2) Untersuchungen nach Absatz 1 sind dem Fischereikundlichen Dienst spätestens einen Monat vor ihrem Beginn schriftlich anzuzeigen. Dabei ist anzugeben:
1. Beginn und voraussichtliche Dauer der Untersuchung,
2. der Untersuchungszweck, Name und Ordnung des zu befischenden Gewässers sowie Länge der zu befischenden Strecken,
3. Name und Eignung der betrauten Person.

Fünfter Abschnitt

Besondere Bestimmungen zum Schutz der Fischbestände
§ 12
(1) Die fischereiliche Bewirtschaftung eines Gewässers soll hauptsächlich mit den bereits in ihm vorkommenden Arten von Fischen und Krebsen erfolgen. Erforderliche Besatzmaßnahmen sind auf die natürliche Lebensgemeinschaft abzustimmen.
(2) Fische, die das in § 3 bestimmte Maß überschritten haben, sollen nicht als Besatz in ein Gewässer eingebracht werden.
(3) Fische und Krebse der nicht in der Anlage aufgeführten Arten dürfen nur mit Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes ausgesetzt werden. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn durch das Aussetzen Nachteile für die natürlichen Lebensgemeinschaften in Gewässern oder die Bewirtschaftung der Fischbestände nicht zu besorgen sind.
(4) In Gewässern, in denen der Flusskrebs (Edelkrebs) vorkommt, dürfen Krebse anderer Arten nicht ausgesetzt werden.

Sechster Abschnitt

Schlussvorschriften
§ 13

Ordnungswidrig nach § 62 Abs. 1 Nr. 13 Nds. FischG handelt, wer
1. entgegen § 2 Abs. 1 Fische der dort genannten Arten, entgegen § 3 Abs. 1 untermaßige Fische oder Krebse oder entgegen § 4 Abs. 1 Fische oder Krebse der dort genannten Arten während ihrer Artenschonzeiten fängt oder entgegen § 4 Abs. 2 ständige Fischereivorrichtungen während der Artenschonzeiten nicht abstellt,
2. entgegen § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 noch lebensfähige Fische oder Krebse nicht unverzüglich wieder einsetzt,
3. entgegen § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 tote oder nicht mehr lebensfähige Fische oder Krebse nicht unverzüglich unschädlich beseitigt,
4. entgegen § 5 Abs. 3 Fische oder Krebse der in § 2 Abs. 1 oder § 3 Abs. 1 aufgeführten Arten als Köder verwendet,
5. entgegen § 9 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, Fischereifahrzeuge oder entgegen § 9 Satz 3 Fischereigeräte oder Fischbehälter nicht vorschriftsmäßig kennzeichnet,
6. entgegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Elektrofischereigeräte ohne Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes benutzt,
7. entgegen § 12 Abs. 3 Satz 1 Fische oder Krebse ohne Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes aussetzt oder entgegen § 12 Abs. 4 Krebse anderer Arten in Gewässern aussetzt, in denen der Flusskrebs (Edelkrebs) vorkommt.

§ 14
(1) Diese Verordnung tritt vierzehn Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Binnenfischereiordnung vom 27. April 1978 (Nieders. GVBl. S. 382) außer Kraft.

Hannover, den 6. Juli 1989

* Anlage (zu § 12 Abs. 3)

Fisch- und Krebsarten, für deren Aussetzen eine Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes nicht erforderlich ist:
Bachneunauge (Lampetra planeri)
Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
Meerneunauge (Petromyzon marinus)
Maifisch (Alosa alosa)
Finte (Alosa fallax)
Lachs (anadrome Wanderform) (Salmo salar)
Meerforelle (Salmo trutta)
Bachforelle (Salmo trutta f. fario)
Regenbogenforelle (Salmo gairdneri)
Bachsaibling (Salvelinus fontinalis)
Stint (Osmerus eperlanus)
Äsche (Thymallus thymallus)
Hecht (Esox lucius)
Plötze (Rutilus rutilus)
Moderlieschen (Leucaspius delineatus)
Hasel (Leuciscus leuciscus)
Döbel (Leuciscus cephalus)
Aland (Leuciscus idus)
Elritze (Phoxinus phoxinus)
Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus)
Rapfen (Aspius aspius)
Schleie (Tinca tinca)
Nase (Chondrostoma nasus)
Gründling (Gobio gobio)
Barbe (Barbus barbus)
Ukelei (Alburnus alburnus)
Güster (Blicca bjoerkna)
Brassen (Abramis brama)
Zope (Abramis ballerus)
Zährte (Vimba vimba)
Bitterling (Rhodeus sericeus)
Karausche (Carassius carassius)
Giebel (Carassius auratus gibelio)
Karpfen (Cyprinus carpio)
Schmerle (Noemacheilus barbatulus)
Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)
Steinbeißer (Cobitis taenia)
Wels (Silurus glanis)
Aal (Anguilla anguilla)
Quappe (Lota lota)
Barsch (Perca fluviatilis)
Zander (Stizostedion lucioperca)
Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua)
Groppe (Koppe, Mühlkoppe) (Cottus gobio)
Dreistacheliger Stichling (Gasterosteus aculeatus)
Neunstacheliger Stichling (Pungitius pungitius)
Flusskrebs (Edelkrebs) (Astacus astacus)
Kamberkrebs (Orconectes limosus)